Goslars Schicksalsberg mit Weltkulturerbe-Status

Schicksalsberg. Diesen Begriff hörten wir erstmals bei der Stadtbesichtigung, denn Goslars Geschichte ist eng an den Rammelsberg gebunden. Dort fand man vor über 1000 Jahren abbaubares Silber, was bewirkte, dass in Goslar das Münzrecht Einzug hielt und nicht zuletzt auch die kaiserliche Pfalz.

Der Grundstein für dieses Schicksal wurde im wahrsten Sinne des Wortes vor etwa 300 Millionen Jahren von „Schwarzen Rauchern“ gesetzt. Das abbauwürdige Gestein mit einer mittleren Dichte von 5 g/ccm (doppelt so schwer wie durchschnittliches Gestein) enthält Blei, Zink, Kupfer, Gold und Silber.  Auch einige heutzutage begehrte seltene Erden sind enthalten. Man überlegt, die Abraumhalden noch einmal zu durchwühlen.

Nach meiner bisherigen Vorstellung von einem Erzbergwerk gehörte immer so etwas wie ein Hochofen zum Inventar, mit dem man das Erz aufschmilzt und nach den verschiedenen Schmelzpunkten das gewünschte Material herausholt. Am modernen, in den 1930er Jahren erbauten Rammelsberg gab es keinen einzigen Schmelzofen. Das Erz wurde komplett mechanisch bis auf eine Korngröße von 40 µm zerbröselt, worauf mit chemisch-physikalischen Methoden die begehrten Elemente heraussortiert wurden.

Das ist aus meiner Sicht ein unglaublich hoher Aufwand, den zu betreiben es sich aber offensichtlich bis 1988 lohnte – dann galt die Lagerstätte als erschöpft.

Zum Einsatz kamen auch patentrechtlich geschützte Verfahren aus den USA. Unfassbar für mich die Story, dass man selbst im 2. Weltkrieg (kriegswichtiger Betrieb) über ein Geheimkonto in der Schweiz fein ordentlich die Patentrechte weiterhin bezahlte. Manche meinen, dass dies auch der Schlüssel dazu sei, dass Goslar nicht bombardiert wurde … Schicksalsberg!?

Nach der Schließung des Bergwerkes machte man sich hurtig daran, die Anlagen zu verschrotten, das Bergwerk gesetzeskonform abzureißen. Noch heute kleben Zettel mit Versteigerungsnummern an einigen Maschinen. Manche sind auch schon versteigert und verschrottet worden. Allerdings konnte in letzter Minute der totale Ausverkauf und Abriss verhindert werden. Dass die damaligen Befürworter zum Erhalt des Bergwerkes für museale Zwecke keine Spinner waren, beweist eindrucksvoll der von der UNESCO zuerkannte Status des Weltkulturerbes.

Meine Frau und ich erlebten eine über zweistündige Führung zum Thema Erzaufbereitung. Da sich sonst niemand für das Thema zu interessieren schien, waren wir nur zu dritt und die Tour verlief sehr angenehm und intensiv.

Vielen Dank dafür!

Rammelsberg
Industriearchitektur am Rammelsberg
Lohnhalle – heutzutage muss man hier bezahlen
Rammelsberg
Panorama – links das Kraftwerkshaus, rechts die Erzaufbereitungskaskade
eine stolze Bilanz
Technik am Treppenrand
In der Mannschaftskaue beginnen die Führungen.
Unser erstes Ziel ist der obere Teil der Anlage: Treppen steigen!
Ein guter Aussichtspunkt.
In der Maschinenhalle des Förderturms. Das über 500 Meter lange Drahtseil ist einlagig aufgerollt.
Übrigens: Das Drahtseil wurde im Harz erfunden!
am Schacht
Granbykipper (s.a. Video ganz unten)
Über uns die Kippvorrichtung, unter uns der Backenbrecher.
Die schweren Ketten dienen nur zur Bändigung des herabstürzenden Erzes (Kettenbeschicker).
u.a. Symons-Kegelbrecher
Hier beginnt die Nassstrecke der Aufbereitung. In dem Zylinder eingebrachte Stahlkugeln zertrümmerten das Erz bis auf die gewünschte Korngröße. Dabei arbeiteten sich die handballgroßen Stahlkugeln völlig ab.
Industrie-Ästhetik
Wer hat’s gebaut?
In dem Bottich wurde die gewünschte Korngröße von den noch zu großen Bestandteilen selektiert. Die noch zu großen Bestandteile wurden in die Kugel-Mühle zurückgeführt.
Flotation
Flotation 2 – hinten Bereiche, wo schon die Verschrottung zugeschlagen hat.
Vakuumtrommelfilter (Trockner) Hier wurde das Erzbergwerk-Endprodukt erzeugt. (mit einer Restfeuchte von ca. 10%)
Mit diesen Loren wurden die Endprodukte zur Verhüttung transportiert. Und zwar auf 600mm Schmalspur, mit 500 V Fahrstrom. (Gefährlich tiefe Leitungen, wenn man mich fragt!)
Im Lokschuppen des Museums.
Sicht vom Ausgang des Lokschuppens.

Wenn man fotografiert, soll man nicht ans Videomachen denken. Beides kann man nicht gleichzeitig gut erledigen – so meine Erfahrung. Trotzdem ließ ich mich bei der Führung hinreißen und versetzte meine Kamera in den Videomodus. Denn da gab es auch etwas in Bewegung zu sehen. Hier das kleine (laute) Video-Schnipselchen: