Zum Tag des offenen Denkmals 2015
Neben Burgen und Schlössern, die wohl auch von der Allgemeinheit als schützenswert betrachtet werden, gibt es in zunehmendem Maße alte Industrieanlagen, die den Denkmal-Status zugesprochen bekommen, was manchmal recht umstritten ist. Mehr noch: in Weißenfels gibt es sogar eine denkmalgeschützte Latrine! – aber dazu vielleicht später einmal 😉
Das Weißenfelser E-Werk stammt aus einer Zeit, als Industriebauten noch mit architektonischen Ambitionen errichtet wurden, auch schön sein durften und sich nicht so kategorisch wie heute der Effzienz unterordnen mussten.
Doch Schönheit allein genügt nicht – und hält auch nicht ewig, wenn keinerlei Effzienz mehr da ist.
So entstehen regelmäßig in den wachsenden (oder schrumpfenden) Städten Industriebrachen, mit denen man irgendwie umgehen muss. Doch wer soll das bezahlen!?
In diesem Weißenfelser Beispiel bot sich die „IBA 2010“ an. Man musste „nur“ ein passendes Projekt entwickeln und hatte dann Aussicht auf eine für die Stadt finanzierbare Lösung des Problems in der Neustadt (siehe erstes Galeriebild).
Als besonders schwierig erwies sich dabei der Umgang mit dem denkmalgeschützten E-Werk. Eine millionenschwere Sanierung ohne nachfolgende Nutzung? Da hätten dann auch Fördergelder zurückgezahlt werden müssen … Ich hoffe sehr, dass die nun realisierte Nutzung besteht und die Angelegenheit damit einen guten Abschluss gefunden hat.
Im September 2005 wurde mit einer Schornsteinsprengung am E-Werk der offizielle Startschuss zur Umsetzung des IBA-Projektes gegeben. Das kleine Filmchen zeigt auch noch die Sprengung des zweiten Schornsteins:
Ein paar Momente aus den folgenden Jahren:
… und nun endlich die Bilder vom aktuellen Tag des offenen Denkmals:
Fakten zur E-Werk Story
(nach Schautafel „Zeitstrahl der Stromerzeugung in Weißenfels“ zum Tag des offenen Denkmals 2015)
- März 1912
Baubeginn des E-Werks in der Schlachthofstraße - Dezember 1913
Inbetriebnahme mit zwei Turbogeneratoren zu je 1.000 kW, angetrieben über drei Wasserrohrkessel mit 750 qm Heizfläche. Energieträger: Rohbraunkohle - 1918
Die Kesselleistung genügt nicht mehr, ein vierter Kessel wird eingebaut. - 1919
Nur mit Einsatz der Maschinenreserve kann der Bedarf an Elektroenergie gedeckt werden. Bei Störungen kommt es zu Abschaltungen. - 1920
Einbau einer 3.000 kW-Turbine und eines fünften Kessels - 1924
Bau einer Krananlage zur Kesselbeschickung und Einbau von Kessel 6 - 1937
Weiterer Ausbau mit einer 6.000 kW-Turbine und eines zweiten Kühlturmes. Die Gesamtleistung liegt nun bei 10.000 kW. - nach 1945
Die 6.000 kW-Turbine wird als Reparationsleistung demontiert. Die Restleistung deckt bei weitem nicht den Bedarf. - 1948
Einbau einer gebrauchten 1.000 kW-Turbine. Trotzdem bleiben Stromabschaltungen an der Tagesordnung. - 1950
Eine 35 kV-Trasse vom Kraftwerk Großkayna stellt nun weitgehend die Versorgungssicherheit her. Außerdem Einbau einer gebrauchten 3.000 kW-Turbine aus Schweden. - 1953
Bau des Brückenlaufkranes. Gesamtleistung des E-Werkes: 6.000 kW bei einem Verbrauch von 56 t Braunkohle pro Stunde. - 1963
Ende der Stromerzeugung im E-Werk.
Umbau zum Fernheizwerk „Heizhaus Nord“. - 1987
Kessel 2 wird nach 74 Jahren Betrieb stillgelegt. - 1988
Einbau von zwei Ölkesseln. - 1993
Das „Heizhaus Nord“ wird stillgelegt.