Vorspiel
Im Freundeskreis hörten wir von dem Angebot einer Führung über den Leipziger Bahnhof. Das interessierte uns! Online war schnell der nächste Termin recherchiert und gebucht.
Stilecht sollte es per Bahn nach Leipzig gehen. Und wir wollten auch nicht noch irgend etwas Anderes in der Stadt unternehmen – es würde beim Leipziger Hauptbahnhof bleiben, inklusive sonntäglichem Mittagessen.
Die Fahrkartenbeschaffung bereitete uns überraschend Probleme. Online kamen wir von zu Hause irgendwie nicht ran (??!) und am Automaten, auf dem Weißenfelser Bahnhof, haben wir dann die Schalter offensichtlich nicht in unserem Sinne betätigt und bezahlten fast so viel, wie für unsere Fahrt nach Erfurt vor ein paar Wochen. (Wobei Erfurt mehr als doppelt so weit entfernt ist.)
Da war wohl eigenes Unvermögen dabei – aber auch dieser unsägliche Dschungel aus Tarifen, Begriffen und Anbietern. Sowie die am Sonntag geschlossene Servicestation auf dem Bahnhof Weißenfels – schade.
Besichtigung
Die Führung selbst hat uns gefallen. Die vorgetragenen Fakten und Zusammenhänge kamen plastisch bei den Zuhörern an. Leider fand aber der Höhepunkt der Führung mit unserer Gruppe nicht statt: Die Besichtigung einer sonst nicht frei zugänglichen Wartehalle, die wohl besonders schön ausgestattet ist, fiel aus. Ausgerechnet zu unserem Führungstermin wurde die Halle für eine gebuchte Veranstaltung zurechtgemacht. Kein Zutritt! Alle anderen Besichtigungsorte wären für uns auch ohne Führung zugänglich gewesen …
Trotzdem war die ganze Veranstaltung interessant – und wir sind im Nachinein sehr verwundert, wie wenig wir von dieser reichhaltigen Geschichte wussten! Denn der Leipziger Hauptbahnhof gehört zu unseren ersten deutlichen Erinnerungen von Ausflügen in den 1960er und 70er Jahren. Ich kann mich jedenfalls noch an das Dampflokgetöse und den damit verbunden Geruch erinnern. Ein ziemlich anderes Bahnhofs-Feeling ergab das damals. Heute dürfen Dampfloks in den Bahnhofhallen ihren Dampf nicht abblasen. Das schädigt die Bausubstanz! Und ich denke, auch mit dem Feinstaub gäbe es Probleme 😉
Wer sich ohne Führung über die Leipziger Bahnhofsgeschichte informieren will, dem kann ich das Büchlein „Album Leipzig Hauptbahnhof“ von Helge-Hein Heinker empfehlen. Ich kaufte es mir in der Bahnhofsbuchhandlung Ludwig und fand darin fast alle gehörten Fakten. (Und auch noch ein paar weitere.)
Nachspiel
Für unsere Rückfahrt nahmen wir einen Zug, dessen erster Halt erst wieder in Weißenfels ist. Solche Züge gibt es – und es ist ein Hinweis auf den gesehenen Stellenwert des Weißenfelser Bahnhofs. Auch aus fahr-dramaturgischer Sicht wurde das mir wieder deutlich: Das Leipziger Tiefland bietet wenig für das Auge. Die Saalequerung bei Bad Dürrenberg bringt das erste optische Achtungszeichen. Saline und Borlachturm ziehen die Blicke auf sich. Doch der Ort selbst genügt dem Zug noch nicht zum Halten.
Kurz vor Weißenfels rücken Weinberge und wieder die Saale ins Bild. Es wird hügelig und auf einem der Hügel thront das Schloss Neu-Augustusburg. Vergleichbares gab es seit der Abfahrt in Leipzig noch nicht. Weißenfels macht für den Bahnreisenden durchaus etwas her!
Da fällt mir die Louise von Francois (1817 – 1893) ein. Sie schrieb in ihren „Erinnerungen aus einer kleinen Stadt“:
Hier wird das Tal so anmutig. Die ersten Thüringer Hügel erheben sich nach und nach zu Bergen. Wiesen und Felder stehen in saftigem Grün. Die Saale windet sich mit raschem Fall, es weht ein reiner, gesunder Hauch über der Gegend.
Danke Louise! Ich denke, selbst PR-Texter von heute hätten das nicht besser hinbekommen 😉